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Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Steuertipps
01.07.2021

Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

Die Regelung des § 32c EStG (Tarifermäßigung) bringt

  • eine Tarifglättung (durchschnittliche Besteuerung) und
  • vermeidet Progressionsschwankungen

Ziel dieser Regelung?

  • Gleichmäßigere steuerliche Belastung
  • bei einem Wechsel von ertragreichen und ertragsarmen Wirtschaftsjahren.

Wie erfolgt die Umsetzung?

  • Für drei aufeinander folgende Jahre immer im letzten Veranlagungszeitraum (2014 – 2016 und 2017-2019 und 2020-2022)
  • wird ein Durchschnittswert gebildet.
  • Nur auf Antrag
  • Der Antrag ist vom Steuerpflichtigen und ggf. Ehegatten zu unterzeichnen und zu bestätigen

Steuerliche Auswirkung?

  • Es gibt keine pauschale Aussage, denn jeder Einkommensteuer-Fall hat andere Berechnungsgrundlagen. Aber – keine Auswirkung ergibt sich, wenn die
    • festgesetzte Einkommensteuer in allen Jahren 0 EUR
    • Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in den betroffenen Jahren
    • immer unter dem jeweiligen Freibetrag
    • immer betragsmäßig gleiche Einkünfte
  • Eine Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer ist ausgeschlossen.
  • Die Analyse ist teilweise sehr zeitaufwendig und ist vom Mandanten selbst zu beauftragen
    • wir berechnen hierfür eine Gebühr nach Zeitaufwand von 90 EUR / Stunde
  • Berechnungen der Finanzverwaltung haben gezeigt:
    • Bei 48 % der Fälle im Betrachtungszeitraum 2014 bis 2016 betrug der Glättungsbetrag 0 €.
    • Bei 2,6% der Fälle kam es zu einer Glättung über 500 €
    • Bei 0,3% der Fälle kam es zu einer Glättung über 5.000 €
    • Eine Einkommensteuer-Minderung errechnete sich in 33,7% der Fälle

Wie ermittelt sich die fiktive Vergleichsteuer?
Ermittlung und Vergleich von                          Summe der Unterschiedsbeträge von 3 Jahren
tatsächlicher und fiktiver Steuer                      wenn positiver Unterschiedsbetrag  Antrag stellen!

Wie ermittelt sich die fiktive Vergleichsteuer?
Schritt für Schritt

§  Schritt 1:
Ermittlung der anteilig entfallenden tariflichen Einkommensteuer für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für jeden VZ
Summe dieser anteiligen tariflichen Einkommensteuer über alle VZ des Betrachtungszeitraums
= („Summe tatsächlich“).
§  Schritt 2:
gleichmäßige Verteilung der Summe der Einkünfte auf die 3 VZ des Betrachtungszeitraums.
= fiktive durchschnittliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die 3 VZ
§  Schritt 3:
Je VZ des Betrachtungszeitraums wird die fiktive tarifliche Einkommensteuer ermittelt, die anteilig auf die fiktiven durchschnittlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entfallen würde. Anschließend wird die Summe dieser fiktiven anteiligen tariflichen Einkommensteuer über alle VZ des Betrachtungszeitraums gebildet („Summe fiktiv“).
§  Schritt 4:
Ermittlung Unterschiedsbetrag:              Summe Einkommensteuer tatsächlich
./. Summe Einkommensteuer fiktiv
 Unterschiedsbetrag positiv („Summe tatsächlich“ > „Summe fiktiv“),
Differenz im letzten VZ des Betrachtungszeitraums auf Antrag als Tarifermäßigung nach § 32c EStG
zu berücksichtigen werden.
Der Unterschiedsbetrag mindert dann die (tatsächliche) tarifliche Einkommensteuer.
 Unterschiedsbetrag nicht positiv („Summe tatsächlich“ <= „Summe fiktiv“)
Hier ergibt sich kein Steuervorteil!

Welche Voraussetzungen gibt es für die Tarifermäßigung ?

Um die Tarifermäßigung zu erlangen, sind neben einem Antrag noch weitere Voraussetzungen zu beachten (§ 32c Abs. 5 EStG). Dies sind:

  • für negative Einkünfte im 1. Betrachtungsjahr darf kein Verlustrücktrag erfolgt sein,
  • für negative Einkünfte im 2. oder 3. Betrachtungsjahr darf kein Verzicht auf einen Verlustrücktrag beantragt werden,
  • der Land- und Forstwirt darf kein Unternehmer in SchwierigkeitenS.d. Rahmenregelung der EU für staatliche Beihilfen sein,
  • soweit Beihilfen zurückgefordert wurden, muss der Rückforderungsanforderung vollständig nachgekommen sein,
  • es dürfen keine Verstöße oder Vergehen gegen bestimmte EU-rechtliche Regelungen vorliegen und
  • sofern es sich um Binnenfischerei, Teichwirtschaft oder Fischzucht handelt, sind die Bestimmungen der „Gemeinsamen Fischereipolitik“5 Jahre lang einzuhalten.

Diese Anforderungen werden in den Vordrucken abgefragt und sind vom Antragsteller jeweils zu bestätigen. Sollte eine der Voraussetzungen später entfallen, besteht eine Pflicht, dies unverzüglich mitzuteilen.

Weitere Einzelsachverhalte?

  • Keine Pflicht zur Selbstberechnung der Tarifermäßigung!

Die Tarifermäßigung nach § 32c EStG ist aber antragsgebunden. Hierfür gibt es einen eigen-ständigen Vordruck, der eigenhändig unterschrieben und an das Finanzamt zu übermitteln ist.

  • Verzicht auf Tarifermäßigung kann nicht rückgängig gemacht werden!

Wird ein Antrag auf Tarifermäßigung für die VZ 2016, 2019 und 2022 nicht gestellt und werden diese Steuerbescheide bestandskräftig ohne Berücksichtigung einer Tarifermäßigung, kann ein späterer Umstand, der zu einer Tarifermäßigung führt, nicht mehr berücksichtigt werden, denn es liegen weder die Voraussetzungen des § 173 noch des § 175 AO, also keine Änderungsvorschriften für Steuerbescheide vor.

Beispiel:

  • Steuerpflichtiger Rentner mit gleichbleibenden Einkünften aus der Verpachtung eines land– und forstwirtschaftlichen Betriebs.
  • Die der Tarifermäßigung gem. § 32c EStG unterliegenden Pachteinnahmen sind jedes Jahr gleich, weshalb der Rentner 2016 und 2019 keinen Antrag stellt.
  • Im Jahr 2019 veräußerte er ein Grundstück. Den dabei entstandenen Gewinn i. H. von 50.000 € hat er nicht erklärt.
  • Nach bestandskräftiger Veranlagung des VZ 2019 ändert das Finanzamt den Einkommen-steuer-Bescheid 2019 gem. § 173 AO und berücksichtigt den bislang nicht erklärten Veräußerungsgewinn.
  • Der Rentner kann für den VZ 2019 keinen Antrag auf Tarifermäßigung „nachschieben“, da hierfür weder die Voraussetzungen des § 173 AO noch des § 175 AO vorliegen.
  • Eine Änderungsmöglichkeit nach § 32c Abs. 6 S. 1 EStG scheidet ebenfalls aus, denn nach dieser Vorschrift können nur bereits durchgeführte Tarifermäßigungen berichtigt werden.

Hieraus ergibt sich, dass für jeden Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ein Antrag auf Tarifermäßigung gestellt werden sollte, auch wenn dieser zunächst einmal ins Leere geht.

Wie geht die Finanzverwaltung vor ?

  • Seit 2016 sind die Einkommensteuerfestsetzungen mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen.
  • VZ 2016

Der Antrag auf Tarifermäßigung für den Betrachtungszeitraum 2014 bis 2016 sollte möglichst bis zum 31.12.2020 gestellt worden sein. Spätestens nach diesem Termin wird die Finanzverwaltung prüfen, ob der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben werden kann. Kommt es zu einer Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung, kann ein Antrag auf Tarifermäßigung nur noch bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids (in der Regel ein Monat nach Erhalt des geänderten Steuerbescheids) gestellt werden.

 

  • VZ 2017/2018

Eine Tarifermäßigung in den Veranlagungszeiträumen 2017 und 2018 ist nunmehr kraft Gesetzes ausgeschlossen. Die Finanzverwaltung wird für diese Jahre prüfen, ob der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben werden kann.

 

  • VZ 2019

Die Einkommensteuerfestsetzungen 2019 mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft werden voraussichtlich für eine Übergangszeit grundsätzlich noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen. Ein Antrag auf Tarifermäßigung für den Betrachtungszeitraum 2017 bis 2019 sollte mit der Einkommensteuererklärung 2019 gestellt werden. Er ist jedoch spätestens bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids (in der Regel ein Monat nach Erhalt des Steuerbescheids) zu stellen.

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